Zeitlos beliebt war Vermeer schon immer. Erst hing er beim Bäcker hinterm Tresen, heute in allen wichtigen Museen der Welt.

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Für diesen Artikel empfehle

ich folgendes Getränk:

  • vor 17.00 Uhr: eine heiße Milch mit Honig
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"Stille Räume, Frauen die Mich eingießen, Frauen die Briefe lesen. Ich sehe vor mir Stille. Jan Vermeer ist es gelungen, Stille zu malen." (Florian Illies, im Podcast Augen zu/Die Zeit)

 

"Der Meister der Stille" zeigt ein schlichtes Leben, die Einfachheit des damaligen Alltags und schaffte Motive in fotorealistischer Genauigkeit, lange vor Erfindung der Fotografie: Die "Briefleserin in Blau", "Die Malkunst", die "Dienstmagd mit Milchkrug" und natürlich sein berühmtestes Werk: das "Mädchen mit dem Perlenohrring" (oder Perlen-Ohrgehänge, wie es auch genannt wird), dem 2003 Scarlett Johansson und Colin Firth auch ein filmisches Denkmal setzten.

 

Die Darstellung einer Einfachheit, eines Innehaltens, gepaart mit einem perfektem Lichteinfall - das ist das Besondere und gleichzeitig Zeitlose an Vermeer. Er war der erste, der Schatten in Farbe malte (und das lange vor den Impressionisten, die dies erst ein paar Jahrhunderte später einführten), benutzte seine Lieblingsfarbe Ultramarin stets üppig (war damals auch Ultra-Teuer) und Fachleute sind auch heute noch uneins, ob er die fotorealistische Genauigkeit und stringente Bildkomposition mit der damals brandheißen neuen Technik "Camera Obscura" oder einfach mittels Faden und Bleistift herstellte. 

 

Vermeer hat Meisterwerke geschaffen, die auch heute, Jahrhunderte später, noch immer faszinieren.

Und er wirft auch heute noch viele Interpretationen, Deutungsmöglichkeiten, Rätsel und Fragen auf - sowohl von der Fachwelt als auch von Kunstliebhabern auf der ganzen Welt. 

 

Sein Gesamtwerk umfasst nur 37 Bilder. Niemand, der heute berühmt ist, hat so wenig hinterlassen.

Vermeer lebte im 'goldenen Zeitalter', einer wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit im 17. Jahrhundert, in der die Holländer die größte Handelsmacht der Welt darstellten (und ganz nebenbei New York ("Niewe Amsterdam") gründeten *). Er wächst in "normalen Verhältnissen" (also ohne traumatische Kindheitsverhältnisse, wie bei einigen anderen berühmten Künstlern) als Sohn eines Kunsthändlers und Gastwirtes ("Zum fliegenden Fuchs") auf, zeugt 14 Kinder und erschafft insgesamt 37 Bilder (von denen wir heute wissen bzw. die ihm zugeschrieben werden). Keiner der großen Künstler, niemand, der heute berühmt ist, hat so wenig hinterlassen. 

Es existieren keinerlei Zeichnungen, Aquarelle oder andere Arbeiten von ihm, die keine Ölbilder sind. Sehr ungewöhnlich, da dies bei anderen berühmten Malern die Regel ist und man in der Fachwelt davon ausgeht, dass Vorstudien oder Zeichnungen immer nötig sind, um Werke und Ölbilder dieser Qualität malen zu können. Es wird aber vermutet, dass in Zukunft die ein oder andere Zeichnung, die noch in den Museumskellern schlummert, einmal Vermeer zugeordnet werden wird.

Wieder eines der vielen wunderbaren Rätsel, die dieser Künstler hinterlassen hat.

 

Aber die größte Überraschung hat sich erst jüngst ereignet:

Derzeit läuft in Dresden eine Vermeer-Ausstellung. In der Staatlichen Kunstsammlung Dresden (Zwinger) sind noch bis Januar 2022 zehn seiner Bilder zu sehen. Dies erscheint nicht viel, ist aber trotzdem eine Sensation, weiß man um die geringe Anzahl seines Lebenswerkes. "Die Briefleserin am offenen Fenster" gehörte seit jeher zu seinen bekanntesten Werken. Schon seit langer Zeit in Dresden beheimatet, wurde das Werk in einem mehrjährigen Prozess umfassend restauriert. Schicht für Schicht behutsam abgetragen, gesäubert, zu neuem Glanz gebracht. Und was kam zum Vorschein? Eine unglaubliche Entdeckung: auf dem Wandteppich, den das Gemälde im Hintergrund zeigt, erscheint die Abbildung eines Amors mit Pfeil und Bogen (kunstwissenschaftlich Cupido genannt). 

 

Das Werk sieht nun völlig anders aus, Bild und Bildaussage haben sich komplett verändert: bislang umwehte Vermeers Briefleserin etwas Geheimnisvolles: warum liest sie diesen Brief? Worum könnte es sich in der Nachricht handeln? So lautete die kunstgeschichtliche Fragestellung in allen Aufzeichnungen, wie wir sie kennen, Nun kommt zum Vorschein, dass die Briefleserin gerötete Wangen hat und der Cupido im Hintergrund macht überdeutlich, dass es sich dabei um eine Liebesbotschaft handeln muss.

Und was bringt uns nun dieses Wissen? Diese wissenschaftliche 'Sensation'? Möglicherweise auch eine kleine Enttäuschung. Das "bauchige Riesenbaby" (Süddeutsche Zeitung) oder 'Pummelchen', wie es in einigen Reaktionen hieß, hat der vormals leeren Wand im Hintergrund des Bildes ein wenig seines geheimnisvollen Ruhms genommen.

 

Zeitlos beliebt war Vermeer schon immer. Erst hing er beim Bäcker hinterm Tresen, heute in allen wichtigen Museen der Welt.

Nach Januar wird es schwierig sein, viele Vermeers an einem Ort zu betrachten. International verstreut in vielen Museen der Welt, sind meist nur einzelne Werke Vermeers in Berlin, Frankfurt, Wien oder Amsterdam, die meisten in Amerika (z.B. im Metropolitan Museum in New York) zu sehen. Wer aber nicht allzu weit entfernt, auf den Spuren Vermeers wandeln möchte - dabei allerdings ohne ein einziges Bild von ihm zu sehen - dem sei ein Besuch des holländischen Städtchens Delft, der Heimatstadt Vermeers, empfohlen. An vielen Plätzen, Ecken und Gebäuden in der Innenstadt von Delft kann man auf seinen Fußspuren wandeln. Ein ausgeschilderter Weg führt zu diversen Stationen seines Lebens. Empfohlen sei dazu der Reiseblog www.reiselaune.de. Petra hat hier eine zusätzliche, persönliche Tour durch Delft mit kleinem Stadtplan zusammengestellt: https://www.inreiselaune.de/delft-johannes-vermeer-rundgang/.

 

*Der historische Stadtplan von Delft erinnert übrigens an Manhattan, mit alle seinen Türmen, Strassenrastern und -nummerierungen. 

 

Danke für die schöne und interessanten Facts über Vermeer aus dem Augen zu-Podcast der ZEIT. Hier gibt es ihn in aller Ausführlichkeit zu hören: Podcast  Viel Vergnügen dabei!

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